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Meldung statt Bewilligung, aber…

25.06.2024 Thomas Dufner (Geschäftsführer HEV Thurgau)

Die Installation von Solaranlagen wird vom eidgenössischen Gesetzgeber propagiert und für Dach-Solaranlagen im Regelfall nur noch eine Meldung an die Baubehörde verlangt. Wie läuft das konkret?

Mit Artikel 18a im Raumplanungsgesetz (RPG) ist die Baubewilligungspflicht für genügend angepasste Dachsolaranlagen in Bau- und Landwirtschaftszonen abgeschafft und das Meldeverfahren eingeführt worden.

Bewilligungsfrei, aber Elektroinstallation muss bewilligt sein
Soweit die Solaranlage eine Fläche unterhalb von 35 Quadratmetern aufweist und nicht auf einem Kultur- oder Naturdenkmal von kantonaler oder nationaler Bedeutung installiert wird, ist die Installation im Kanton Thurgau sogar bewilligungsfrei (Paragraf 99 Absatz 1 Ziffer 7 Planungsund Baugesetz). Photovoltaikanlagen müssen aber in jedem Fall von einer Fachperson einer Elektroinstallationsfirma mit einer Installationsanzeige und mit einem Schema bei den Technischen Betrieben der Gemeinde angemeldet werden. Ohne die Bewilligung der Elektroinstallation durch den Energieversorger darf die Anlage nicht in Betrieb genommen werden.

Meldeformular online verfügbar
Hat die Solaranlage eine Fläche von mehr als 35 Quadratmetern und ist sie genügend angepasst, das heisst, sie überragt die Dachfläche im rechten Winkel um höchstens 20 Zentimeter, ragt nicht über die Dachfläche hinaus, ist reflektionsarm und als Kompaktfläche ausgeführt, so genügt die Einreichung eines offiziellen Meldeformulars spätestens 20 Tage vor Baubeginn. Das offizielle Meldeformular kann auf vielen Gemeinde- Homepages und der Homepage des Kantons heruntergeladen werden.

Die Meldepflicht gilt auch für Anlagen auf Flachdachbauten, wenn sie den Dachrand höchstens um einen Meter überragen und von der Dachkante so weit zurückversetzt sind, dass sie von unten in einem Winkel von 45 Grad nicht sichtbar sind.

Interessen an Solarnutzung gehen grundsätzlich vor
Im Baubewilligungsverfahren soll die Behörde die sich allenfalls widersprechenden Interessen zwischen der Solarenergie einerseits und dem Denkmal- und/oder Ortsbildschutz andererseits abwägen können. Dabei hat der eidgenössische Gesetzgeber aber in Art. 18a RPG bereits eine Gewichtung für die Interessenabwägung der Baubehörde vorgegeben. So gehen die Interessen an der Nutzung der Solarenergie den ästhetischen Anliegen grundsätzlich vor.

Zudem dürfen Solaranlagen auf Kultur- und Naturdenkmälern von kantonaler und nationaler Bedeutung nur dann verhindert werden, wenn sie solche Denkmäler wesentlich beeinträchtigen. Mit anderen Worten ist eine normale beziehungsweise untergeordnete Beeinträchtigung zu akzeptieren und kein Grund für die Verweigerung der Baubewilligung.

Gilt nur für Dächer
Zu beachten ist aber, dass die Sonderbestimmung von Art. 18a RPG nur in Bau- und Landwirtschaftszonen und nur für Solaranlagen auf Dächern gilt, nicht aber für an Gebäudefassaden anzubringende oder im Gelände freistehende Solaranlagen. Hierfür ist immer ein Bewilligungsverfahren erforderlich, sofern die Fläche der Solaranlage grösser als 35 Quadratmeter ist. Ist sie kleiner als 35 Quadratmeter, ist sie bewilligungsfrei, ausgenommen bei Kultur- und Naturobjekten von nationaler und kantonaler Bedeutung, bei denen es immer eine Bewilligung braucht (siehe Infos unter "Baubewilligung zwingend").

Im Umkehrschluss heisst das aber auch, dass bei Kultur- und Naturdenkmälern von lediglich lokaler Bedeutung die Bewilligungsfreiheit bis 35 Quadratmeter Fläche gilt und bei grösserer Fläche nur die Meldepflicht erfüllt werden muss, wenn die Anlage einerseits eine Dachanlage und andererseits genügend angepasst ist. Schliesslich ist Art. 18a RPG in reinen Schutzzonen gemäss Art. 17 RPG nicht anwendbar. Dabei handelt es sich zum Beispiel um Freihalte-, Naturschutz- oder Erhaltungszonen. In diesen reinen Schutzzonen ist immer ein Baubewilligungsgesuch einzureichen.

Baubewilligung zwingend
Für folgende Gebäulichkeiten, auf denen Solaranlagen installiert werden sollen, ist die Einreichung eines Baubewilligungsgesuchs weiterhin zwingend – nämlich:

  • für Kultur- und Naturdenkmäler von kantonaler und nationaler Bedeutung, das heisst also für alle im Hinweisinventar der Denkmalpflege aufgeführten Objekte, die mit «wertvoll» oder «besonders wertvoll» eingestuft sind.
  • für eigentümerverbindlich geschützte Naturobjekte von nationaler und kantonaler Bedeutung.
  • für Objekte, die Teil sind eines geschützten Ortsbilds von nationaler Bedeutung mit Erhaltungsziel A, das heisst, deren Substanz erhalten bleiben muss (geregelt ist dies im Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz ISOS).


HEV fordert Vereinfachung
Die Regelungen für Solaranlagen sind ein ziemlich kompliziertes Feld für Hauseigentümer, die ihren Beitrag zur Energiewende und CO2-Freiheit bis 2050 leisten möchten. Der HEV Thurgau verlangt daher von den kantonalen Behörden Vereinfachungen und die Einführung kantonaler Bauzonen gemäss Art. 18a Abs. 2 lit. a RPG, in denen ebenfalls das Meldeverfahren für anwendbar erklärt wird. Die Hauseigentümerinnen und Hauseigentümer benötigen Rechtssicherheit, die heute insbesondere bei Kultur- und Naturdenkmälern durch die rigide Haltung der kantonalen Denkmalpflege nicht gegeben ist. Hier ist die Politik gefordert!

Wenn Sie Probleme im Melde- oder Bewilligungsverfahren Ihrer Solaranlage haben, steht Ihnen Ihre HEV-Sektion gerne mit Rat und Tat zur Seite.